Die Knieendoprothese

Informationen zu Indikation, OP-Technik und Nachsorge

Ihnen wurde geraten, sich ein künstliches Kniegelenk implantieren zu lassen. Warum sollten Sie diesen Eingriff über sich ergehen lassen? Sie sind überhaupt schon soweit? Gibt es noch andere Alternativen? Diese Fragen sollten Sie für sich zufrieden stellend beantwortet haben, bevor Sie sich zur Operation entschließen.

Operation, warum und wann?

Der individuelle Leidensdruck ist das wichtigste Kriterium, ob eine Knieprothese gerechtfertigt ist.

Genauso wie bei der Frage des künstlichen Hüftgelenks gilt bei der Knieprothese: Die Implantation eines künstlichen Kniegelenkes ist ein so genannter Wahleingriff. Sie und nur Sie alleine entscheiden, ob Sie soweit sind (und nicht Ihr Lebenspartner, Ihre Familie und nur eingeschränkt Ihr Arzt etc.). Manche Patienten kommen mit erheblichen Schmerzen und einer starken Einschränkung der Mobilität noch gut mit Ihrem täglichen Lebensablauf zurecht. Andere Patienten empfinden ihre Lebensqualität durch Schmerzen und Bewegungseinschränkungen erheblich gemindert, obwohl auf dem Röntgenbild die Gonarthrose noch nicht bis zum Endstadium fortgeschritten ist. Innerhalb bestimmter (recht weiter) Grenzen ist dann trotzdem der Protheseneinbau gerechtfertigt.

Sie sind dann ein guter Kandidat für eine künstliche Knieprothese, wenn

  • Sie schon seit über 12 Monaten über zunehmende belastungsabhängige Kniegelenksschmerzen klagen,
  • Sie nur noch immer kürzere Wege zu Fuß zurücklegen können,
  • Sie nachts wegen Schmerzen aufwachen,
  • Sie Hilfe zum Anziehen Ihrer Schuhe und Strümpfe benötigen, weil Sie nicht mehr an Ihre Füße kommen,
  • ausgeschlossen wurde, dass Ihre Schmerzen von Erkrankungen im Bereich des Rückens oder der Hüftgelenke verursacht werden.

Vom Operationsprinzip her werden die verbrauchten Gelenkoberflächen durch eine künstliche Gleitfläche ersetzt. Hierzu muss der unteren Abschnitt des Oberschenkelknochens (die Femurkondylen) und der obere Abschnitt des Schienbeinknochens (das Tibiaplateau) mit der Säge und speziellen Führungsblöcken so geformt werden, dass sich die Prothesenteile sicher fixieren lassen. Welches Prothesenmodel man dann wählt, hängt ganz wesentlich von der Fehlstellung und Beweglichkeit Ihres Kniegelenkes ab.

Neben den am häufigsten verwendeten ungekoppelten Totalprothesen kommen auch noch Teilprothesen (Unikondyläre Schlittenprothesen) und achsgekoppelte Totalprothesen zum Einsatz. In seltenen Fällen kann auch eine so genannte Mini Prothese ausreichen. Jedes der Systeme hat ein typisches Indikationsspektrum.

Die Beschränkung mancher auch großen orthopädischen oder unfallchirurgischen Kliniken auf die ungekoppelte Totalprothese beraubt sowohl den Patienten, als auch den Operateur in manchen Fällen der besten Therapiemöglichkeit.

Aus diesem Grund sind in unserer Klinik viele verschiedene Prothesensysteme vorrätig, um unseren Patienten die bestmögliche individuelle Versorgung zu gewährleisten.

Wie geht‘s nach der OP weiter?

Spätestens am ersten Tag nach der OP dürfen Sie wieder aufstehen.

Nach 24 Stunden kann der Patient an zwei Gehstützen unter Anleitung der Krankengymnasten die ersten Schritte mit dem neuen Gelenk unternehmen. Nach fünf Tagen ist der Patient soweit mobil, dass er kaum noch Hilfe benötigt und die weitere Rehabilitation meistens im Rahmen der Anschlussheilbehandlung erfolgt. Nach zwölf bis vierzehn Tagen werden die Hautklammern entfernt.

Die postoperativen Ergebnisse nach dem Einbau einer Knieprothese liegen mit ca. 85-90% glücklicher und zufriedener Patienten niedriger als bei einer Hüftprothese. Ursächlich hierfür sind folgende Problembereiche:

Komplexere Anatomie: Während das Hüftgelenk von großen Muskelgruppen umgeben prinzipiell nur eine Kugel in einer Schale ist, ist das Kniegelenk deutlich komplexer aufgebaut. Neben Bändern und Kapsel sowie der Strecksehne mit der eingebetteten Kniescheibe spielen für ein balanciertes Gelenk die Beinachsen eine entscheidende Rolle. 5 Grad Fehlpositionierung sind beim Hüftgelenk in der Regel völlig bedeutungslos, während dieselbe Fehlpositionierung beim Kniegelenk die Langzeitprognose erheblich beeinflussen kann. Ohne ein grundlegendes Verständnis von der Anatomie und Biomechanik des Kniegelenkes wird die einwandfreie Implantation einer Knieprothese zu einem Zufallstreffer.

Suchen Sie sich deshalb für die Implantation einer Knieprothese einen erfahrenen Operateur. Sie erhalten dann mit höherer Wahrscheinlichkeit ein gutes postoperatives Ergebnis.

Eingeschränkte schmerzhafte Beweglichkeit: Im Gegensatz zum Hüftgelenk ist die Fähigkeit, das Kniegelenk voll (oder zumindest fast voll) zu strecken von entscheidender Bedeutung. Ein kraftsparendes flüssiges Gangbild wird nur dann möglich, wenn das Kniegelenk gestreckt nach vorne durch geschwungen werden kann. Zudem funktioniert ein ermüdungsfreies Stehen nur, wenn sich das Kniegelenk so weit strecken lässt, dass sich die Quadricepsmuskulatur entspannen kann.

Bedingt durch die Form der Prothesenoberflächen ist außerdem die Beugung bei einem künstlichen Kniegelenk geringer, als bei einem gesunden Kniegelenk: Obwohl manche Patienten mit einem Kunstgelenk die volle Beugung von >140° erreichen, beträgt die durchschnittliche Beugung mit Knieprothese bei ca. 115°. Leider lassen die Bewegungsausmaße nach Abschluss der Rehabilitation manchmal sehr zu wünschen übrig, nicht zuletzt wegen einer vermehrten Schmerzempfindlichkeit nach dem Eingriff.

Neuerungen in der Knieendoprothetik

Patienten-individuelle Schnittblöcke VISIONAIRE
Seit Jahren besteht in unserer Klinik die Möglichkeit der Verwendung des VISIONAIRE-Systems. Dabei werden die Schnittblöcke, die zur Verwendung kommen, individuell für jeden Patienten in einem aufwändigen Prozess vor der OP angefertigt.

Bisher plant der Operateur den Eingriff anhand eines herkömmlichen Röntgenbilds und mit Hilfe von so genannten „Röntgenschablonen“, die er vom Implantat-Hersteller erhält: Sie werden auf das Röntgenbild ausgerichtet, so dass der Arzt aufgrund seiner Erfahrung die passende Implantatgröße und Implantatausrichtung abschätzen kann.

Die endgültige Festlegung auf Implantatmodell und Größe erfolgt jedoch meist während der Operation. Dort erst sieht der Operateur den genauen Zustand des Knies.

Für die Planung vor dem Eingriff erhält der Operateur mit der neuen VISIONAIRE Technologie eine zusätzliche Unterstützung. Sie gibt dem Operateur im Vorfeld wichtige Zusatzinformationen, ermöglicht eine noch präzisere Planung des Eingriffs und reduziert während der Operation die Belastungen für die Patienten. Neben einer Ganzbein-Röntgenaufnahme im Stand wird für VISIONAIRE zusätzlich eine Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) des Knies angefertigt. Diese MRT muss allerdings bei einem dafür zertifizierten Radiologen speziell für die VISIONAIRE Technologie angefertigt werden.

Die Aufnahmen ermöglichen die präoperative Berechnung der mechanischen Beinachsen und eine präzise dreidimensionale Darstellung der individuellen Patientenanatomie. Beides ist für die korrekte Platzierung eines Implantats sehr wichtig.

Auf Basis der individuellen Röntgen- und MRT-Aufnahmen werden Schnitt-Schablonen aus medizinischem Nylon-Kunststoff hergestellt, die genau an die individuelle Knieanatomie des jeweiligen Patienten angepasst sind.

Ein Großteil der Planung findet also in Ruhe vor und nicht erst während der Operation statt. So kann der Operateur mit Hilfe dieser Schablonen das Knie für die Implantation vorbereiten und das Kunstgelenk präzise an den Beinachsen und anatomischen Landmarken ausrichten.

Die VISIONAIRE Technologie unterstützt den Operateur, kann seine Erfahrung aber niemals ersetzen. Bei der Fertigung der individuellen Schablonen und während des Eingriffs hat der Arzt immer das letzte Wort: Gerade bei schwierigen anatomischen Verhältnissen und bei unvorhergesehenen Fällen muss er die Möglichkeit haben flexibel zu reagieren und beispielsweise auf das Standardinstrumentarium zurückzugreifen. Implaniert wird trotzdem immer eine Standardprothese.

In diesem Fall bieten ihm die zusätzlichen präoperativen MRT- und Röntgendiagnosen wichtige Hilfestellungen, weil sie – besser als die Standarddiagnostik – die anatomischen Besonderheiten des Knies und sonstige, für den Einsatz des Implantats zu beachtende Spezifika verdeutlichen.

Miniprothesenplanung am Modell.

Patientenindividuelle Miniprothesen
Liegt nur ein kleiner Defekt des Knorpels vor, der z. B. durch eine Mikrofrakturierung oder Knorpelzelltransplantation, nicht erfolgreich behandelt werden konnte so kann dieser durch eine s. g. Miniprothese („Episealer“ der Firma Episurf) aufgefüllt werden. Hierzu wird ein spezielles MRT („damage marking request“ DMR) angefertigt, anhand dessen dann eine Miniprothese hergestellt wird die dann mit Hilfe individueller Bohrschablonen implantiert wird.

Miniprothesenplanung im MRT

Miniprothese im CT

Patientenindividuelle Knieprothese
In einigen Fällen bestehen so große anatomische Fehlstellungen, seien sie angeboren oder nach Unfällen, dass die Versorgung mit einer „Standardprothese“ nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen kann eine individuell für den Patienten angefertigte Prothese („Origin“ der Firma Symbios) zum Einsatz kommen. Diese wird nach einer speziellen Computertomographie hergestellt und dann mit Hilfe ebenfalls individuell angefertiger Schnittschablonen der Knochen für die Prothese vorbereitet.

Planung Individualprothese nach CT