Krankheitsbild

Knorpelschaden

Der Gelenkknorpel besteht aus einem besonderen Material. Er gewährleistet, dass sich die Gelenkpartner nahezu reibungsfrei bewegen können. Das Gewebe verfügt weder über Nerven noch Schmerzfasern. Daher werden Schädigungen an der Knorpelschicht erst durch andere Indizien spürbar. Aufgrund seiner speziellen Eigenschaften wurde der Gelenkknorpel in einem im Oktober 2017 erschienenen Artikel der Zeitschrift ‚Stern‘ als ‚weißes Gold‘ beschrieben.

Ein Gelenk fügt zwei starre Knochen so zueinander, dass eine Bewegung möglich wird. Damit die Knochen nicht aneinanderreiben, sind ihre Kontaktflächen mit einem Knorpelgewebe ausgestattet. Hierbei handelt es sich um ein gefäßloses Stützgewebe aus Knorpelzellen, den Chondrozyten. Diese formen Kollagenfasern, die sich zu einem Netz ausbilden. Zwischen den Fasern wird Flüssigkeit gebunden, was zu einer hohen Elastizität führt und vor Druckbelastung schützt. Die große Menge an Wasser, die zwischen den Fasern gebunden wird, macht den Gelenkknorpel stark druckelastisch. Da der Knorpel über keine eigenen Blutgefäße verfügt, wird er über die Gelenkflüssigkeit und die Knorpelhaut mit Nährstoffen versorgt.

Knorpelschäden verursachen Schmerzen; darüber hinaus beeinträchtigen sie die Funktion des Gelenks. Die Arthrose gehört zu den am häufigsten chronisch vorkommenden Krankheiten bei Erwachsenen, besonders in den höheren Altersgruppen. Ein Knorpelschaden ist entweder degenerativ oder traumatisch bedingt. Die Schädigungen entstehen beispielsweise durch Fehlbelastungen und Übergewicht oder durch eine Sportverletzung. Der Knorpel besitzt keine Fähigkeit der Regeneration. Daher führt ein Knorpelschaden unbehandelt zu einer Zerstörung des Gelenks. Im Endstadium kann hier nur eine gelenkersetzende Operation helfen.

Knorpel ist vollkommen schmerzunempfindlich. Daher reagiert der Körper bei Erkrankungen oder Beschädigungen der Knorpelschicht nicht mit Schmerzen. Diese werden erst wahrgenommen, wenn der Knorpelschaden sekundäre Schädigungen auslöst. Daher kommt der Früherkennung eine große Bedeutung zu. Korrigierende Maßnahmen sind nur erfolgversprechend, solange noch Knorpelsubstanz existiert. Ist die Knorpelschicht weitgehend abgetragen oder völlig zerstört, können nur gelenkersetzende Maßnahmen die Funktion des Gelenks wiederherstellen. Schädigungen an der Knorpelschicht äußern sich häufig durch Schwellungen am Knie. Diese werden durch Einlagerungen von Flüssigkeit hervorgerufen.

Frühschäden an der Knorpelschicht können mit der Kernspin- oder Magnetresonanztomografie dargestellt werden. Diese moderne, strahlungsfreie Diagnostik stellt hochauflösendes Bildmaterial der Knorpel bereit. Zudem können anhand der Magnetresonanztomografie (MRT) Aussagen zu speziellen Knorpelsequenzen und darüber hinaus zur Biochemie des Knorpels liefern, wie beispielsweise sein Gehalt an freiem Wasser, die Menge an Proteoglykanen und seine Kollagenstrukturen. Weitere Verfahren zur Sichtbarmachung des Knorpelstoffwechsels befinden sich in einer intensiven Forschungsphase, in die sich Spezialisten der ATOS Orthopädie Dr. Kremer maßgeblich einbringen. Knorpelschäden werden nach Kategorien von Grad 1 (leicht) bis Grad 4 (schwer) geclustert. Daraus ergeben sich die Optionen für die Therapie.

Alle vorliegenden konservativen Therapien (Einlagen, Orthesen, Bandagen etc.) verfolgen das Ziel, das Fortschreiten des Knorpelschadens so lange wie möglich und bei möglichst vollumfänglicher Schmerzreduktion hinauszuzögern, so dass idealerweise erst in einem höheren Lebensalter eine gelenkersetzende Operation erforderlich wird. Zu den konservativen Maßnahmen gehört auch die Anpassung des eigenen Lebensstils, indem belastende Sportarten und Übergewicht vermieden werden.

Gelenkerhaltende Operationen haben das Ziel, die durch den Knorpelschaden entstandenen Fehstellen mit einem Knorpelersatzgewebe aufzufüllen. Dieses kann in einem arthroskopischen Verfahren minimal-invasiv durchgeführt werden. Bei einer vorliegenden X- oder O-Beinfehlstellung oder anderen biomechanischen Ursachen kann es sinnvoll sein, eine Korrektur der Beinachse vorzunehmen. Damit wird die Belastung auf den beeinträchtigten Gelenkabschnitt verringert und die Heilungsaussicht insgesamt verbessert.

Eine unkomplizierte Möglichkeit der Knorpelbehandlung umfasst die Anregung der Knorpel zur Selbstregeneration. Dazu wird durch kleine Bohrungen oder kleinste Mikrofrakturen der Austritt von Knochenstammzellen in den Bereich der Knorpelschicht angeregt. Die Stammzellen generieren in der Umgebung von gesundem Knorpel ein Ersatzgewebe. Das Ergebnis kann durch die zusätzliche Injektion von Hyaluronsäure oder der Verwendung einer Kollagenmatrix verbessert werden.

Die Knorpelzelltransplantation stellt heute die beste Möglichkeit dar, Schädigungen an der Knorpelschicht zu beheben. Dazu werden in einem ersten arthroskopischen Eingriff zunächst Knorpelzellen an einer marginalen Stelle entnommen. Diese werden ohne zusätzliche Fremdstoffe in einem speziellen Zellkulturverfahren vermehrt. Die Knorpelzellen werden zu Sphäroiden herangezüchtet. Ein Sphäroid ist ein kleiner kugelförmiger Körper, der aus bis zu 200000 Knorpelzellen besteht. Die Sphäroide werden etwa 6-8 Wochen nach der Entnahme des Knorpelmaterials in einem zweiten arthroskopischen Eingriff in die vorbereitete Knorpelschicht eingebracht. Sie haften dort ohne Hilfestellung an und wachsen zu einem Ersatzgewebe an, das sich nahtlos in die geschädigten Strukturen einpasst und mit dem vorhandenen Knorpel verbindet. Die biomechanischen Eigenschaften des Ersatzknorpels entsprechen dabei weitgehend denen des Originalknorpels.

Nach einer Therapie zum Knorpelaufbau kann die Teilbelastung des Gelenks nach 6 Wochen erfolgen. Etwa 3 Monate nach dem Eingriff hat sich die Knorpelschicht so weit regeneriert, dass auf Gehhilfen verzichtet werden kann. Zu diesem Zeitpunkt kann auch mit der Ausübung von schonenden Sportarten wie Schwimmen und Radfahren begonnen werden. Spätestens nach 12 Monaten ist der neue Knorpel vollumfänglich eingeheilt und die Regeneration abgeschlossen.